…Jasmin Geisler,

die seit 2012 für das Informationszentrum 3. Welt Dortmund e.V. die Leitung und bundesweite Koordination des Projekts „FaireKITA“ übernimmt.

Frau Geisler, Ihr Verein bringt seit sieben Jahren bundesweit das Projekt FaireKITA voran. Im letzten Jahr ist nun die Süd Nord Beratung auf Sie zugekommen mit dem Ziel, das Projekt auch in Kindergärten und -tagesstätten in Nord-West-Niedersachsen zu tragen. Worum geht es bei „FaireKITA“?

Im Rahmen des Projektes werden Tageseinrichtungen für Kinder dabei unterstützt, den Fairen Handel und Nachhaltigkeit Schritt für Schritt in die Praxis einzuführen. Ziel ist es, die Einrichtungen als „FaireKITA“ auszuzeichnen. Mitmachen können alle Einrichtungen für Kinder, unabhängig von der Trägerstruktur; also Kindertagesstätten und Kindergärten, wie auch Familienzentren und Elterninitiativen.

Kindergartenkindern globale wirtschaftliche und politische Zusammenhänge näherzubringen klingt nach einer schwierigen Aufgabe. Wie funktioniert das?

Spielerisch und mit allen Sinnen können Kinder bereits im Kindergarten lernen, dass die Waren, von denen sie umgeben sind, eine Herkunft haben. Ein Blick über den Tellerrand zu den Familien in anderen Teilen der Welt, die zum Beispiel Obst für unser Frühstück anbauen, kann helfen die Welt zu verstehen. Kinder lernen in einer FairenKITA Zusammenhänge kennen, die ihr Weltverstehen und ihr Gerechtigkeitsempfinden schärfen. Sie lernen, mit Vielfalt respektvoll umzugehen und werden vorbereitet für ein Leben in der globalisierten Welt.
FaireKITAs sind Orte gelebter Solidarität. Sie leisten einen großen Beitrag zur Umsetzung der globalen Nachhaltigkeitsziele auf lokaler Ebene. Es gibt bundesweit viele tolle Beispiele zur Umsetzung. Einen Einblick finden Sie auf unserer Homepage www.faire-kita-nrw.de.

Komplexe Themen des Globalen Lernens, heruntergebrochen und vereinfacht dargestellt für kleine Kinder: Birgt das nicht die Gefahr der Stereotypisierung oder gar der Förderung neokolonialistischen Denkens?

Wir arbeiten im Projekt mit dem Bildungskonzept des „Globalen Lernens“ und dem Ansatz der „Vorurteilsbewussten Bildung“. Dieses Bildungskonzept ermöglicht die eigene Meinung und Rolle in einer globalen und vernetzten Gesellschaft zu reflektieren. Wir versuchen den Kindern und Erwachsenen mit unseren Bildungseinheiten Erfahrungen mit Vielfalt zu ermöglichen. Wir vermeiden z.B. Kinderweltkarten. Menschen können sich unterscheiden nach Aussehen, Kleidung, Verhalten, Sprache und Gewohnheiten. Kinder sollen sich mit diesen Unterschieden wohl fühlen, sowie Empathie und Respekt für Vielfalt entwickeln können. Sie sind in der Lage, Bilder und Verhaltensweisen als „unfair“ zu erkennen, die Menschen diskriminieren. Dies sind wichtige Lernerfahrungen, um in gesellschaftlichen Verhältnissen handlungsfähig zu sein.

Wie wird das Projekt von den KITAs bisher angenommen?

Wir haben zum jetzigen Zeitpunkt 180 ausgezeichnete FaireKiITAs bundesweit und weitere 150 KiTas sind im Prozess; zahlreiche Anfragen kommen aus dem In- und Ausland. Die positive Resonanz auf unser Angebot ist sicherlich auch darauf zurückzuführen, dass es in enger Abstimmung mit den KiTas entwickelt wurde. KiTas sind ohnehin schon häufig sehr engagiert zu Themen wie Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit, Vielfalt und Klimaschutz. Dort knüpfen wir an, um eine Mehr-Belastung im KiTa-Alltag zu vermeiden.

In Osnabrück und Bad Essen beteiligen sich nun auch schon erste KiTas in Niedersachsen am Projekt. Wie wird man FaireKITA und wer bietet Unterstützung?

Um als FaireKITA zertifiziert zu werden, muss die jeweilige Einrichtung fünf Kriterien einhalten: Zunächst muss ein Beschluss über das Ziel einer Zertifizierung, sowie der Erfüllung der dafür notwendigen Kriterien durch ein offizielles Gremium gefasst werden. Dann muss ein „Faires Team“ aus Eltern und Mitarbeiter*innen gebildet werden, das für die Umsetzung und Einhaltung der Kriterien sorgt. Außerdem verpflichten sich FaireKITAs zur Verwendung von mindestens einem fair gehandelten Produkt für die Kinder und einem Weiteren für die Erwachsenen, sowie zu Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit rund um den Fairen Handel. Eine Unterstützung der Einrichtungen und Träger erfolgt durch die Projektstelle FaireKITA und bundesweite Kooperationspartner im Rahmen von Fortbildungsangeboten, Beratungen zur fairen Beschaffung, Bereitstellung von Materialien, Erstellen von Nachhaltigkeitsberichten sowie Vernetzungsangeboten. Für interessierte KITAs in Nord-West-Niedersachsen wird die Süd Nord Beratung (VeB e.V.) im Mai ein Vernetzungstreffen organisieren. Außerdem wird gerade eine Fortbildung für den Herbst sowie ein VHS Kurs am 20.03. in Hameln geplant.

Vielen Dank für das Gespräch!

Bei Bedarf führt die Süd Nord Beratung (VEB e.V.) Infoabende durch und verleiht Bildungsmaterialien der Projektstelle Faire KiTa.