… Mana Atiglo, Fachpromotorin für Migration und Partizipation des Verbandes Entwicklungspolitik Niedersachsen (VEN e.V.)
Seit 2019 arbeitest du als Fachpromotorin für Migration und Partizipation beim VEN. Was beinhaltet deine Stelle?
Die Schwerpunkte meiner Stelle liegen in der Qualifizierung und Beratung von Migrantenselbstorganisationen mit entwicklungspolitischem Engagement – insbesondere in den Bereichen Projekt- und Antragsberatung, Fördermöglichkeiten für Südprojekte, Vernetzung sowie der Förderung interkultureller Öffnung innerhalb der Entwicklungspolitik.
Was versteht man unter „migrantischen Organisationen (MSO)“?
„Migrantische Organisationen“ oder auch „Migrantenselbstorganisationen“ (MSO) sind Zusammenschlüsse, die von Menschen mit Migrationsgeschichte gegründet und getragen werden. Sie vertreten die Interessen ihrer Communities selbstbestimmt und übernehmen wichtige Brückenfunktionen – sowohl innerhalb Deutschlands als auch im internationalen Kontext. Trotz ihres Engagements stoßen sie oft auf strukturelle Hürden, etwa bei der Finanzierung oder der Anerkennung ihrer Expertise.
Die Anliegen und Arbeitsschwerpunkte von MSOen sind vielfältig. Wie nimmst du das Interesse an entwicklungspolitischen Themen und Engagement wahr?
In den letzten Jahren ist das Interesse von MSOen an entwicklungspolitischen Themen deutlich gewachsen. Viele setzen sich mit Fragen globaler Gerechtigkeit, Antikolonialismus oder Klimapolitik auseinander und engagieren sich mit Projekten in ihren Herkunftsländern. Studien zeigen, dass über 60% der befragten MSOen bereits entwicklungspolitisch aktiv sind oder es planen – das verdeutlicht ihr großes Potenzial.
Welche Maßnahmen hältst du für notwendig, um die Partizipation von Migrant*innen und MSOen in der Eine-Welt-Arbeit zu erhöhen?
Um ihre Teilhabe an der Eine-Welt-Arbeit zu stärken, braucht es bessere Zugänge zu Fördermitteln, verständlichere Antragsverfahren und gezielte Weiterbildungen. Gleichzeitig sollten etablierte Organisationen migrantische Perspektiven gleichberechtigt einbeziehen – etwa durch gemeinsame Projektarbeit, Mentoring oder diverse Gremienbesetzungen. Wichtig ist, dass Kooperationen auf Augenhöhe stattfinden und nicht nur symbolisch sind.
Wie können MSOen, die sich entwicklungspolitisch engagieren möchten und andere Akteure in der Eine-Welt-Arbeit konkret zusammenfinden?
Damit MSOen und andere entwicklungspolitische Akteure zusammenfinden, braucht es konkrete Räume: regionale Vernetzungstreffen, Tandem-Projekte oder Runde Tische. Ebenso braucht es beidseitige Offenheit und den Willen, interkulturelle Kompetenz aufzubauen.
Was bedeutet interkulturelle Öffnung für dich, und wie kann sie in Bezug auf entwicklungspolitische Organisationen konkret umgesetzt werden?
Interkulturelle Öffnung bedeutet für mich, Strukturen und Prozesse aktiv so zu gestalten, dass Vielfalt gelebt wird – etwa durch mehrsprachige Kommunikation, diverse Teams und eine rassismuskritische Haltung. Es geht darum, nicht nur zu „intergrieren“, sondern darum, echte Teilhabe zu ermöglichen – also MSOen mitgestalten zu lassen, nicht nur einzuladen.
Wie siehst du die zukünftige Rolle von migrantischen Organisationen in der Entwicklungspolitik, welche Veränderungen wären wünschenswert?
Ich bin überzeugt, dass MSOen eine zentrale Rolle in der Entwicklungspolitik der Zukunft spielen werden. Sie bringen nicht nur Fachwissen und internationale Netzwerke mit, sondern auch eine Perspektive, die unsere Vorstellung von globaler Zusammenarbeit bereichern und verändern wird. Dafür braucht es Anerkennung, Ressourcen – und den politischen Willen zur Veränderung.